Nachrichtenmedien, Journalist*innen und Verlagshäuser arbeiten nun schon seit Jahren daran, qualitativ hochwertigen Journalismus für junge Menschen attraktiv zu machen – etwa indem sie verstärkt auf Social Media-Plattformen agieren, digitale Marketingstrategien übernehmen oder sich an den Formaten orientieren, mit denen Influencer*innen ihre Communitys pflegen. Vielversprechende Strategien, die allerdings mit mäßigem Erfolg verbleiben: das allgemeine Interesse an Nachrichten ist so niedrig wie noch nie zuvor. 

Das Problem scheint struktureller Natur zu sein – nicht einzelne Mankos der bewährten journalistischen Praxis sind dafür verantwortlich, dass junge Zielgruppen Nachrichten weniger verfolgen als die vorhergegangenen Generationen. Dementsprechend kann die Lösung auch nicht schlichtweg darin liegen, Einzelaspekte des Journalismus zu modernisieren – zuerst muss das Problem von Nachrichtenmedien wirklich verstanden werden.  

Wie wird Journalismus für junge Menschen attraktiv?

Zu diesem Zweck hat die Deutsche Presse Agentur dpa 2020 ein Projekt ins Leben gerufen, dessen Aufgabe es ist, das Nach­wuchs-Problem der Nachrichten von Grund auf zu verstehen – #UseTheNews.  

Um eine systematische Lösung für die Krise zu finden, der sich Nachrichtenmedien gegenübersehen, hat #UseTheNews zunächst eine umfassende Grundlagen-studie durchgeführt, um Annahmen zu überprüfen, die die Medienbranche über den Nachrichtenkonsum junger Menschen trifft: Die monolithische Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die viele Medienschaffende und Verlagshäuser mit ihren Angeboten erreichen wollen, gibt es in dieser Uniformität nicht.

Vielmehr finden sich innerhalb der Generation Z, wie in vorangegangenen Generationen auch, diverse Untergruppen, die sich in ihrer Nachrichtenorientierung in Bezug auf das Interesse und der Informiertheit unterscheiden.  

Die Studie unterscheidet zwischen:

  • Journalistisch Informationsorientierten
  • Gering Informationsorientierten
  • Umfassend Informationsorientierten
  • Nicht-Journalistisch Informationsorientierten.

Das ist ein erster Schritt, um bessere Nachrichtenangebote für junge Menschen zu entwickeln, die ihrer Nachrichtennutzung, ihrem Informationsstand und ihrem Interesse entsprechen.

Doch obwohl es nicht notwendigerweise zutrifft, dass junge Zielgruppen sich generell weniger für Nachrichten interessieren, ist der Anteil der gering Informationsorientierten Menschen unter den 14- bis 24-Jährigen mit einem Drittel doch deutlich erhöht. 

Diese wichtige Erkenntnis, liegt der weiteren Arbeit von #UseTheNews zugrunde: Zu der ersten, wichtigsten Säulen der Grundlagenstudien, die #UseTheNews mit dem Hamburger Hans-Bredow-Institut durchführt, kommen zwei weitere Säulen. Eine praktische Säule, das News Literacy Lab, in dem #UseTheNews gemeinsam mit Projektpartnern Pilotprojekte umsetzt, die erforschen, welche praktischen Veränderungen im Journalismus dabei helfen können, Nachrichten für junge Menschen zugänglicher zu machen.

Und eine aufklärerische Säule, die Open News Education oder „ONE“, in deren Rahmen Bildungsprojekte mit bundesweiten Partnereinrichtungen Bewusstsein in der jungen Zielgruppe dafür schaffen, wie wichtig Nachrichten sind. Die einzelnen Tracks von #UseTheNews arbeiten gemeinsam an größeren Projekten, wie dem #UseTheNews Playbook, um sicherzustellen, dass alle Perspektiven in das Ergebnis einfließen.

Grafik aus der #UseTheNews-Studie "Nachrichtennutzung und Medienkompetenz im digitalen Zeitalter" von 2021.

2024 – das Jahr der Nachricht

In diesem Jahr feiert das Grundgesetz sein 75-jähriges Bestehen. Und #UseTheNews ruft zeitgleich mit einem großen Projektplan das Jahr der Nachricht aus, um insbesondere auf den fünften Artikel des Grundgesetzes aufmerksam zu machen, der Meinungs- und Pressefreiheit garantiert. Ein Anlass, der für ein Projekt wie #UseTheNews besonders wichtig ist: #UseTheNews setzt sich dafür ein, dass Menschen sich darüber bewusst werden, wie wichtig eben diese Freiheit für sie persönlich ist und sie dabei unterstützt, diese Freiheit für sich selbst zu nutzen, indem sie sich wieder mit Nachrichten beschäftigen. 

Daher wird das Jahr der Nachricht besonders auf die wichtige Rolle aufmerksam machen, die professioneller Journalismus in einer funktionierenden Demokratie spielt – mit einer großen, bundesweiten Image-Kampagne, die #UseTheNews gemeinsam mit großen Medienhäusern wie dem SPIEGEL, WDR, MDR, ZDF und der ZEIT durchführt. Unter dem Motto “Vertraue Nachrichten, die stimmen, statt Stimmung machen” soll in der breiten Bevölkerung Bewusstsein für qualitativ hochwertigen Journalismus geschaffen und gegen Desinformation gearbeitet werden. 

Der Social News Desk 

Das Herz des Nachrichten-Jahrs macht der Social News Desk aus, ein experimentelles Format, in welchem junge Menschen selbst die Chance haben, sich gemeinsam mit den Expert*innen von #UseTheNews wöchentlich wichtigen Themen zu widmen, welche in den Nachrichten stattfinden, und zielgruppengerecht auf Social Media über sie zu berichten – und von dem Prozess und den Ergebnissen zu lernen. 

„Wir verstehen den Social News Desk als eine Art Labor für eine neue Form von Social Media-Journalismus“, sagt Vanessa Bitter die das Jahr der Nachricht als Projektmanagerin mit ihrer Kollegin Lara Gorski betreut.

„Wir werden jede Woche ein Thema einerseits im Livestream und auf einer offenen Redaktionskonferenz transparent diskutieren und Beiträge dazu auf TikTok, Instagram und YouTube Shorts aufbereiten, also nur in 9:16 Formaten.“ 

Dabei ist das Ziel vor allem, journalistische Formate neu zu denken und sich auszuprobieren: „Wir wollen die junge Zielgruppe da ganz intensiv einbeziehen“, fährt Bitter fort. „Am Ende des Jahres der Nachricht wollen wir im besten Falle wieder ein Playbook zu haben, ganz genau zu wissen, was wir besser machen können, und das wir unseren Medienpartner an die Hand geben zu können.“ 

Grafik aus der #UseTheNews-Studie "Nachrichtennutzung und Medienkompetenz im digitalen Zeitalter" von 2021.

Newscamps

Die dritte Komponente des Jahres der Nachricht sind Newscamps: Festivals mit Vorträgen von Speaker*innen wie den Influencer*innen Fabian Krischka oder Aminata Belli, flankiert von Workshops für Schüler*innen, Jugendliche und Lehrer*innen, die zum einen aufklären und für Bewusstsein rundum das Thema sorgen, zum anderen aber konkrete Erkenntnisse über journalistische Arbeit liefern und junge Menschen in das NewZee-Netzwerk von #UseTheNews einladen.  

„In jedem Bundesland soll im kommenden Jahr ein Newscamp stattfinden, im besten Fall angedockt an eine größere Veranstaltung und unterstützt durch uns und unsere Medienpartner und Partnerschulen“, erklärt Lara Gorski, die als Projektassistentin bei UseTheNews vor allem für die NewZee-Community verantwortlich ist. „Sodass wir eben nicht nur die Jugendlichen erreichen, die in den großen Städten wohnen, sodass auch junge Menschen in Kontakt mit den Lokalredaktionen aus ihrem Umfeld kommen.“ 

Modellprojekte

Diesen Fokus auf Lokalredaktionen und die Aufklärungsarbeit in Schulen wird mit der vierten und letzten Säule des Jahres der Nachricht noch weiter vertieft: Modellprojekte, welche das #UseTheNews-Team gemeinsam mit ausgewählten Lokal­redaktionen und Schulen aus der Region umsetzt. Wie genau das Projekt letztendlich aussieht, ist nicht streng definiert, sondern richtet sich nach den Themen, die in dem Projekt behandelt werden – also danach, was gerade in der Region, in der das Projekt stattfinden soll, gerade passiert.  

Wir gehen damit den jeweiligen Partnern in den Austausch und finden ein geeignetes Thema: Wie betrifft etwa der Klimawandel das Umfeld einer Schulklasse in Ostfriesland?“ führt Lara Gorski als Beispiel an. „Die Projekte entwickeln sich dann so, dass die Schüler*innen etwa eigene Beiträge für eine Lokalzeitung aus ihrer Region erstellen und so die Redaktion unterstützen aber auch von ihr lernen und sie kennenlernen, alles unter dem Dach: das ist hier ein Kooperationsprojekt zusammen zwischen einer Schulklasse und einer Redaktion. 

Grafik aus der #UseTheNews-Studie "Nachrichtennutzung und Medienkompetenz im digitalen Zeitalter" von 2021.

#UseTheNews blickt in die Zukunft

Die Herausforderungen, auf die #UseTheNews reagiert, sind damit noch längst nicht aus der Welt geschaffen: Sich häufende Schlagzeilen in Krisenzeiten und die rasante Entwicklung von Stories aus komplexen Zusammenhängen sorgen nun schon seit ein paar Jahren für ein sinkendes Nachrichteninteresse, nicht nur bei jungen Menschen. Und damit einher geht eine sinkende Zahlungsbereitschaft und die Sehnsucht nach einfachen Narrativen – die leider meist bei weniger gut recherchierten Quellen zu finden sind. 

Aber im Rahmen von Projekten wie dem Social News Desk finden Medienpartner aus ganz Deutschland bei UseTheNews einen Experimentierraum, in dem sie sich gemeinsam mit Expert*innen und basierend auf fundierten Studien dem Problem stellen können.  

„Ich glaube, es ist zunächst mal wichtig, da den Haken zu setzen: die Leute zu erreichen“, sagt Vanessa Bittner. „Und wenn wir auf diese Kernfrage Antworten finden: Wie erreichen wir die Leute, was muss ein Format für junge Menschen leisten? Dann kann man daraus eine Strategie entwickeln. Aber zuerst ist es ganz entscheidend, die jungen Menschen erstmal wieder abzuholen. Zu zeigen: Verlässliche Nachrichten findest du bei uns. Die Qualitätsmedien sind ein Anker in dieser mittlerweile informationsüberfluteten Welt.“ 

UsetheNews - Vanessa Bittner_Fotocredit Sascha Wysk

Vanessa Bitter
Marketing Managerin

UsetheNews - Vanessa Bittner_Fotocredit Sascha Wysk

Lara Gorski
Projektassistentin